Die Feste

Da es gerade vor dem Krieg im Hanauerland keine oder nur ganz wenige Musikkapellen gab, wurden die Großweierer Musiker öfters zum Tanzmusikspielen verpflichtet. Nach dem Krieg nahm der Verein nochmals an zwei „Dreibund-Festen“ in Scherzheim teil. Das „Dreibundfest“ war ein Sängerfest, das die drei Gemeinden Helmlingen, Scherzheim und Memprechtshofen im jährlichen Wechsel veranstaltet.

Mit dem LKW des Schrotthändlers August Bittner fuhr man ins Hanauerland und übernachtete von Samstag auf Sonntag in Scherzheim, wo man privat untergebracht war. Einmal spielte man bei diesen Festen morgens um 6 Uhr auf dem Kirchturm in Scherzheim zum Wecken.
Auftritte in Großweier hatte die Musik vor allem zu kirchlichen Anlässen, dem Martinsfest und der Weihnachtsfeier, die damals stets im Gasthaus zur Eintracht stattfand. Auch die Fasnacht und besonders der Preismaskenball am Schmutzigen Donnerstag waren die Höhepunkte.

Kriegsbedingt fand 1939 für viele Jahre das letzte Fest in Großweier statt – es war ein Fest des Turn- und Sportvereins. Erst wieder zehn Jahre später, im Jahre 1949, konnte man das nächste Fest feiern. Es war das 100-jährige Jubiläumsfest des Gesangvereines, das in jenem Jahr mit einem Jahr Verspätung nachgefeiert wurde. Der Festplatz befand sich damals im Grasgarten von Alois Jörger.
1950 wurde das 75-jährige Vereinsjubiläum des Musikvereins ebenfalls nachgefeiert. Auf dem Festplatz im Schaubertweiher (Anwesen Stüber / Sportplatz) wurde ein großes Zelt errichtet. Es fand ein großer Umzug statt, viele Nachbarskapellen waren anwesend. Jeder Verein wurde von einem Herrn mit Festdame angeführt.

An zwei Begebenheiten dieses Fest erinnern sich die Musiker besonders gut. Zum einen war dies der Besuch des damaligen Staatspräsidenten von Südbaden, Leo Wohleb, wie Siegfried Früh sich genau erinnert. In damaliger Zeit ging Leo Wohleb von Fest zu Fest und warb für den Erhalt des Landes Baden, da mit Württemberg vereinigt werden sollte. Auch in Großweier hielt er eine kurze Rede, in der er sich für den Erhalt des Landes Baden einsetzte. Verschiedenen Festgästen schüttelte er die Hand, ehe er sich weiter aufmachte zum nächsten Fest nach Freistett. Leo Wohleb wurde später Botschafter in Spanien.

Eine weitere Begebenheit lässt unsere alten Musiker an das Jubiläumsfest des Musikvereins 1950 erinnern. Natürlich spielte auch die Musik zu diesem Fest auf. Dabei versprach ein anwesender ehemaliger Großweierer, der aus Amerika zum Besuch angereist war, den Musikern: „Ihr könnt trinken, soviel ihr wollt. Ich zahle alles!“. Dies ließen sich Karl Sauer und seine Mannen nicht zweimal sagen und langten kräftig zu. Am nächsten Tag war die Rechnung jedoch noch nicht beglichen und der vermeintliche Spender meinte, daraufhin angesprochen: „Ich zahle morgen!“. Am nächsten Tag war dieser jedoch nach Übersee abgereist. Die Musiker hatten allerdings Glück – die Hälfte ihrer Schulden wurde ihnen erlassen. Dennoch kam vermutlich auf jeden noch eine schöne Rechnung zu.

Es wurde viel gefestelt in der damaligen Zeit. Das Martinsfest war immer ein großes Ereignis in Großweier. Der Musikverein gab zunächst ein Platzkonzert vor dem Rathaus, danach spielte man immer Unterhaltungsmusik in den Gasthäusern, meistens jedoch in der „Linde“. In allen drei Wirtschaften des Ortes, die an diesem Tag stets gut besucht waren, gab es Schlachtplatten. Dies war schon etwas Besonderes, da es ansonsten in den Gasthäusern kaum etwas zu essen gab. Ein kleiner Vergnügungspark mit Schiffschaukel und Verkaufsständen (von den drei Großweierern Geschäften) vor der „Linde“ waren ebenfalls vorzufinden.

Ins Schwärmen kommen die Musiker, als sie vom Festmontag erzählen. „Das war das Schönste“, so Siegfried Früh, oder „…der Martinimontag war der höchste Feiertag in Großweier“ (O-Ton Karl Müller). Zunächst wurde ein Gottesdienst für die verstorbenen Vereinsmitglieder gefeiert. Danach ging es von der Kirche aus mit Marschmusik um die „Linde“ herum in den „Hirsch“. In der Nachfeier am Martinimontag gab es in den Wirtschaften das übrige Kesselfleisch und Ripple vom Vortag. Dabei wurde musiziert und gesungen. Diese Tradition reichte bis in die 70er Jahre hinein, alle örtlichen Vereine machten hier mit.

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