Nach Wilhelm Gramm übernahm Karl Sauer das Amt des Dirigenten von 1920 bis 1954. Er war damals einer der besten Trompeter der ganzen Umgebung und leitete auch noch andere Kapellen. Allerdings war auch Karl Sauer ein sehr strenger und eigenwilliger Dirigent.
Karl Müller erinnert sich, dass man einmal in Haslach (Oberkirch) nicht auftreten konnte, weil zu wenige Musiker gekommen waren. Er selbst, Karl Müller, war mit dem Fahrrad nach Haslach geradelt. Wegen eines Handballspieles hatte sich jedoch verspätet und bekam den Zorn Karl Sauer’s ganz schön zu spüren. Währen den Musikproben konnte Karl Sauer knallhart sein, erinnerten sich die Musiker. „Da kannte er seinen besten Freund nicht mehr“, so Karl Müller. Unter anderem hatte er auch einmal seinen eigenen Sohn, Oskar Sauer, mit den Worten „Du Stümper“ vor versammelter Mannschaft beschimpft. Dies alles war umso unangenehmer, als die Proben damals im Gasthaus Linde stattgefunden hatten und die Stammgäste den Proben regelmäßig beiwohnten. Besonders peinlich war es, wenn er einen Musiker nachmarkierte und dabei maßlos übertrieb. Die Gäste in der Linde bekamen stets alles mit – für den betreffenden Musiker war die sehr unangenehm.
Eine kleine Anekdote weiß Hermann Deichelbohrer zu erzählen: Er hatte zunächst im Verein das Piston gespielt, ehe er auf den Bass überwechseln musste. Nur vier Wochen hatte er Zeit, das neue Instrument zu erlernen – Unterricht hatte er dabei keinen. Seine erste Musikprobe, in der er den Bass spielte, hatte er nie vergessen. Auf einmal kam Karl Sauer auf ihn zu mit den Worten: „Junger, jetzt will ich dir mol zeige, wir m’r richtig Bass spielt.“ Sprach’s und nahm den Bass Hermann Deichelbohrers, marschierte den Bass spielend durch die Linde an den Gästen vorbei, drehte eine Rund um den Stammtisch und wieder zurück. Anschließend haute er den Bass von Hermann Deichelbohrer krachend auf den Boden mit den Worten: „So, jetzt weisch, wie der Bass blose wird!“
Karl Sauer war auch für die gesamte Ausbildung im Verein zuständig – er bildete dabei jedes Instrument aus. Sogar die Klarinettisten wurden bei ihm ausgebildet. Er konnte dieses Instrument zwar nicht spielen, die Griffe beherrschte er allerdings. Auch die an unserem Erinnerungsabend anwesenden Musiker Artur Hodapp und Hubert Stüber wurden von Karl Sauer ausgebildet. Die Proben fanden regelmäßig beim Dirigenten in der Küche statt. Kam Karl Sauer mit seinem Kleinmotorrad von der Arbeit nach Hause, warteten sie schon spielbereit.
Artur Hodapp gibt an dieser Stelle eine kleine Geschichte zum Besten. Eines Tages hatte er zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Richard Früh eine Probe bei Karl Sauer. Während der Probe bemerkte dessen Frau: „Artur, Richard ihr müsst beide fleißig lernen“. Daraufhin sprang Karl Sauer wütend auf mit den Worten: „Du Hex!“, schnappte sich einen neben ihm stehenden Blumentopf und warf ihn außer sich vor Wut, durch das geschlossene Fenster der Küche. Keiner durfte ihm eben in seine musikalischen Angelegenheiten dreinreden.
Ausbildungskosten fielen lediglich in Form von Naturalien an (Milch, Butter, Käse). Einmal, so kann sich Hubert Stüber erinnern, wurde er als Entlohnung in der Froschlaichzeit von Frau Rosa Sauer gebeten, mit ihrem Mann zum Fröschen zu gehen. Davon verstand dieser nämlich nicht viel. Bekannt ist auch, dass der doch etwas eigenwillige Dirigent einem guten Tropfen nicht abgeneigt war: „Wenn’s ebs umsunscht zu trinke gebe het, war der Karl Sauer immer debi“, erinnert sich Karl Müller. Doch so hart in den Proben den Musikern umging – nach der Probe war alles vergessen. Dann war er wieder der beste Freund und Kumpel.